Sonntag, 2. April 2006

unausweichlichkeiten

Wenn ich mein Leben kurz und prägnant beschreiben sollte, ist das Bild, welches mir am ehesten dazu einfällt, dass ich vor der Tür stehe, hinter der die Party schon so weit fortgeschritten ist, dass der Alltag langsam wieder durchzuscheinen beginnt. Ich zünde mir eine Zigarette an, wende mich ab, schlag den Kragen hoch und gehe hinaus in die kalte und neblige Nacht. Ich laufe alleine durch verlassene Strassen, vorbei an grauen und abweisenden Fassaden. Ich laufe, als ob ich ein Ziel hätte und weiss nur ganz allein, dass nichts nirgendwo auf mich wartet.
Es bleiben uns immer nur diese zwei, drei Stunden der Gemeinsamkeit, bevor der Kragen anfängt, mir zu fehlen, die Zigarette, die kalte, leere Nacht. Ich suche nach der Heimat, die ich nirgends zu finden scheine. An vielen Orten ist es gut, phantastisch sogar, für diese kurze, unbestimmte Zeit, in der ich kein Verlangen habe, keine Sehnsüchte. Bis ich irgendwann wieder abrutsche, in diesen Wachtraum. In dem alles so gedämpft erscheint. Wo ich plötzlich an andere Menschen denken muss, andere Orte, andere Zeiten. Wo ich mich nach der Stille sehne, der kalten Nacht, der deutlichen Einsamkeit. Diese Momente, in denen ich das Kartenhäuschen, das ich so mühsam aufgebaut habe, in einer achtlosen Bewegung vom Tisch fege, aufstehe und gehe. Weg von allem. Doch ich gehe nicht einfach irgendwo weg. Ich schreite in die Nichtexistenz. Ich bin niemand, den man zu vermissen scheint. Wohl aber jemand, über dessen Wiederkehr man sich freut. Und sollte das Gespräch irgendwann zufällig auf mich kommen, werden die meisten mit Wohlwollen an mich zurückdenken. Doch es ist mir versagt zu fehlen. Ich hinterlasse keine Lücke, bin wie ein Schatten: Nie ganz da und nie ganz fort. Ich dagegen sammle meine Sehnsüchte. Das Gefühl, wie meine Hand über eine bestimmte Oberfläche gleitet, vermag mir ebenso zu fehlen, wie eine bekannte Stimme. Eine bestimmte Art sich zu bewegen ebenso wie dieses leichte Vibrieren, wenn der Reifen meines Motorrades sich in dem Asphalt verzahnt. Der Eindruck deines Gesichts in meiner Hand. Ein gewisser Stil der Kommunikation. Und doch lebe ich das alles nie. Es ist, als ob ich auf der Schwelle stehe, mich immer in der Nähe des Ausganges aufhalte, immer den Rückweg im Auge habe. Und dennoch kann ich mich manchmal verlieren, verrennen, hineinsteigern.
Die Strasse meines Lebens ist gesäumt von Türen, die ich aufgestossen aber nicht durchschritten habe. Ich zieh noch mal an der Zigarette. Schlag den Kragen hoch. Wir sehn uns.

Samstag, 31. Dezember 2005

einmal noch

Hoffnungstraeger sein für dieses Jahr. Nein. Eher für das nächste. Einfach so, weil heute doch Silvester ist. Der Tag, an dem man am wenigsten die Hoffnung verlieren darf. Ich weiss, ich weiss: Alles nur Zahlenhokuspokus, und doch ist es, als ob eine Hand, die viel grösser ist als meine, mal kurz nach dem Resetknopf langt. Alles nochmal von vorne. And I can start from scratch, sagte irgendwann letzte Nacht der Kerl, der Sinnbild ist für so vieles und trotzdem immer zu wissen scheint, wo er hin will. Selten bin ich so orientierungslos herumgestolpert wie dieses Jahr, und genauso selten soll es auch bleiben. Nirgendwo eine gerade Linie, kein Kopf, kein Herz, kein Bauchgefühl hat mich geleitet, und manchmal war es Teer, der durch meine Adern floss, zäh und schwarz und widerwillig, und manchmal war es Stickstoff, flüchtig, hektisch, expandierend, jeden Winkel ausfüllend und alle Fasern aktivierend und das eine drohte mich zu ersticken und das andere zu zerreissen und eine Regelung ist nie so gut wie eine Steuerung -haha- aber mit dem Feedback kauft man auch die Überschwinger. Wir gehn zum Lachen in den Keller und wir trinken Terpentin.
2005 ich liebte deine Momente und ich hasse deine Quersumme. Und ich weiss, morgen wirst du nicht vergessen sein, weil's kein Neustart ist sondern nur der Taskmanager, der Arbeitsspeicher bleibt voll, all die Korrekturen in der Registry werden gar nicht zum Tragen kommen und viele Prozesse hinterlassen dingsbums Artefakte im System, die erst mit einem kompletten Reboot wieder verschwinden werden. Nur was fängt man als Wiedergeburt in nem Hirsch dann mit dem sauberen System an? 2005 ich weiss, du bleibst noch hier, solang ich auch noch bleibe, aber ich nehm's dir gar nicht übel, denn du kannst ja gar nicht anders, grade so, wie auch ich es nicht schaffe, jemand anderes zu sein. Schätze, bei mir wird das nichts mehr mit dem forever forgotten and unforgiven. kein Grund, nicht trotzdem mitzugröhlen. Und dennoch, oder genau deswegen, werd ich das Morgen diesmal auf der kleineren Party beginnen. Auf der ich dafür alle kenne. Keine Techtelmechtel, die man bald darauf bereut. Keine Zeugenaussagen am Folgetag. Kein verbissenes Zusammenkratzen der Bilderschnippsel.
2005 geht, ich komme. Hoffentlich.
(Lesen sie demnächst einen Beitrag aus der Reihe "wie 2006 meine Vorstellungen endgültig den Bach runtergingen"! Fast vergessen, heute trage ich ja.)

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Absolut. Nimm einen Wodka, das hilft, wahrscheinlich....
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Insofern dass Erfüllung nicht als isolierter Moment...
hoffnungstraeger - 03:41

zielsicher

 

danke

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